Die besten Schachspieler:innen der Welt

GM Alireza Firouzja

Alireza Firouzja
Alireza Firouzja. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Vollständiger Name
Alireza Firouzja
Geboren
Jun 18, 2003 (Alter 21)‎
Geburtsort
Babol, Iran
Föderation
Frankreich
Profile

Rating

Bio

Alireza Firouzja ist ein iranischstämmiger Großmeister, der jetzt für Frankreich spielt. Er ist zweimaliger Weltmeisterschaftskandidat und zweimaliger iranischer Meister.

Ende 2019 und Anfang 2020 elektrisierte Firouzja die Schachwelt mit seinem zweiten Platz bei der Schnellschach-Weltmeisterschaft (ein Punkt hinter Weltmeister Magnus Carlsen) und seinem erstaunlichen 5/7-Auftakt beim Tata Steel-Turnier 2020.

2021 ging es für Firouzja weiter bergauf: Er gewann das Grand Swiss in Riga, erzielte 8/9 Punkte bei den Mannschafts-Europameisterschaften und kletterte mit einer Wertung von 2804 auf Platz 2 der Weltrangliste. Durch seinen Sieg beim Grand Swiss qualifizierte sich Firouzja im Alter von 18 Jahren für das Kandidatenturnier 2022. Er ist damit einer der jüngsten Spieler, die dieses Kunststück je vollbracht haben, und brach außerdem den Rekord als jüngster Spieler, der die 2800er Marke überschritten hat.


Iranischer Meister

Firouzja lernte im Alter von acht Jahren Schach zu spielen, und innerhalb weniger Jahre war klar, dass er ein Wunderkind war. 2015 gewann er die Goldmedaille in der U12-Sektion der asiatischen Jugendmeisterschaften. 2016, im Alter von 12 Jahren, wurde Firouzja der jüngste iranische Schachmeister der Geschichte und holte sich auch den Titel eines Internationalen Meisters.

Alireza Firouzja in 2016
Firouzja, 2016. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

In der folgenden Partie überspielt der 12-jährige Firouzja ruhig und gelassen den ehemaligen Europameister Pavel Tregubov. Nach einer ruhigen Eröffnung sichert sich Firouzja mit 17. Tc5 einen positionellen Vorteil und wandelt diesen Vorteil dann durch eine kleine Kombination in einen materiellen Vorteil um. Firouzja zeigt eine fantastische Technik und gewann im 37. Zug einen zweiten Bauern, um den vollen Punkt nach Hause zu bringen – selbst mit 12 Jahren hatte Firouzja schon die Fähigkeit, extrem schwierige Aufgaben leicht aussehen zu lassen!

Großmeister

Im Februar 2018 erspielte sich Firouzja bei den Aeroflot Open seine letzte GM-Norm und wurde mit 15 Jahren Großmeister. Bei der 43. Schacholympiade spielte er Brett 4 für den Iran und erzielte dort 8 von 11 möglichen Punkten. Bei der Jugend-Schacholympiade erspielte sich Firouzja in der u16 Kategorie 8 von 9 möglichen Punkten und gewann mit einer Leistung von 2736 die Goldmedaille.

Firouzja at 2018 Aeroflot blitz tournament
Firouzja beim Aeroflot-Blitzturnier 2018. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

In der folgenden Partie der Schacholympiade 2018 gelang Firouzja ein vernichtender Angriff. Nachdem er mit 21.Txh7+! eine wunderbare taktische Ressource gefunden hatte, konnte sich der schwarze König nirgendwo verstecken. Firouzja kann sogar extrem schwierige Angriffe einfach aussehen lassen!

Die Weltbühne

Ende 2018 war Firouzja für die Weltmeisterschaft im Schnellschach qualifiziert und wurde an Platz 169 gesetzt. Er überraschte die Schachwelt mit 10 von 15 möglichen Punkten und einer Turnierleistung von 2848 und belegte am Ende hinter den Großmeistern Daniil Dubov, Shakhriyar Mamedyarov, Hikaru Nakamura, Vladislav Artemiev und Carlsen den sechsten Platz. 

Am nächsten Tag erwischte Firouzja einen fulminanten Start in die Blitzweltmeisterschaft. Er erspielte sich 6.5 von 7 möglichen Punkten und lag damit einen vollen Punkt vor dem Feld! In der achten Runde wurde er allerdings von Carlsen auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Bei diesen beiden Veranstaltungen begann der 15-jährige GM, sich auf der Weltbühne zu profilieren.

In der folgenden Partie der Blitzweltmeisterschaft 2018 zeigt Firouzja erneut seine Angriffsstärke. Nach einer relativ ruhigen katalanischen Eröffnung gab er das Läuferpaar auf, um Schwarz einen Doppelbauern auf der f-Linie zu verpassen. Er führte den Angriff so klar und entschieden aus, dass sein Gegner im 27. Zug aufgeben musste! Eine weitere atemberaubende Partie von Firouzja:


Das Jahr 2019 war für Firouzja ein wichtiges und aktives Jahr. Es begann mit dem Gewinn seiner zweiten iranischen Meisterschaft. Danach setzte er seine beeindruckenden Ergebnisse mit einem Score von 7/9 bei der Team-Weltmeisterschaft fort und belegte beim Sharjah Masters-Turnier punktgleich den ersten Platz. Im April 2019 verlor Firouzja bei der Bullet Chess Championship 2019 auf Chess.com erst gegen den späteren Sieger Nakamura.

Firouzja in 2018
Firouzja, 2018. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Im April 2019 belegte Firouzja bei den Reykjavik Open den zweiten Platz und gewann die Europameisterschaft im Schach960. Bei der von ChessKid ausgerichteten und auf Chess.com ausgetragenen Junioren Speed Chess Championship besiegte er die Großmeister Jose Martinez Alacantara und Samuel Sevian, bevor er am späteren Sieger Wei Yi scheiterte. Im Mai 2019 gewann Firouzja die französische Meisterschaft im Schnellschach.

In einer weiteren fantastischen Angriffspartie entschied sich Firouzja im frühen Mittelspiel für ein etwas seltsames (aber denkwürdiges) Qualitätsopfer. Dann opfert er auch noch seinen Springer auf d5, aber nach 16. Sf5 begann der Angriff am Königsflügel zu rollen. Firouzjas Spiel in den nächsten sechs Zügen ist schnell und bösartig und zwingt seinen Gegner im 22. Zug zur Resignation!

Der jüngste Spieler der Welt mit einem 2700-Rating

Im Juni 2019 qualifizierte sich Firouzja durch seine Leistung bei der Asien-Meisterschaft für den FIDE-Weltcup 2019. Im Juli erzielte Firouzja in der türkischen Super League 11,5/13. Diese Leistung erhöhte seine ELO im Alter von 16 Jahren und einem Monat auf 2702. Damit war Firouzja der zweitjüngste Spieler der Geschichte, der eine Wertung von 2700 erreichte. Seit Februar 2020 ist er der jüngste Spieler in den Top 25 der Welt und der jüngste Spieler mit einer ELO von über 2700.

Auch beim FIDE-Weltcup 2019 hat Firouzja gut gespielt. In den ersten beiden Runden besiegte er die Großmeister Arman Pashikian und Dubov und musste sich erst in der dritten Runde dem an Nummer eins gesetzten und späteren Finalisten Ding Liren nach zwei Remis in den klassischen Partien im Schnellschach geschlagen geben. 

Hier ist ein bemerkenswerter Angriffssieg von Firouzja, der ihm beim FIDE-Weltcup 2019 gelang. Nach einer ruhigen Eröffnung und einigen Manövern im Mittelspiel gelang es Firouzja im 23. Zug einen Springer auf f5 zu platzieren und der Spaß begann. Mit seinem Läuferpaar und einem Qualitätsopfer reißt er im 32. Zug den schwarzen Königsflügel auf und schon war alles vorbei.

Föderationswechsel und die Schnellschach- und Blitz-Weltmeisterschaft 2019

Im Dezember 2019 informierte Firouzja den iranischen Schachverband, dass er die Föderation wechseln wolle. Diese Entscheidung kam als Reaktion auf die Entscheidung des Verbandes, seinen Spielern die Teilnahme an den Weltmeisterschaften im Blitz- und Schnellschach zu untersagen (um sicherzustellen, dass kein iranischer Spieler gegen israelische Konkurrenz antreten musste). Firouzja spielte in der Weltmeisterschaft im Blitz- und Schnellschach dann unter der Flagge der FIDE. Im Juli 2021 begann er offiziell für Frankreich zu spielen.

Firouzja in 2019
Firouzja, 2019. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Bei der Schnellschach-Weltmeisterschaft zeigte Firouzja eine fantastische Leistung und erreichte mit 10,5/15 Punkten den zweiten Platz hinter Carlsen – das beste Ergebnis seiner jungen Karriere. Auch in der Blitzweltmeisterschaft enttäuschte er nicht, erzielte 13,5/21 Punkte und wurde in dieser prestigeträchtigen Veranstaltung Sechster.

In der 19. Runde der Blitzweltmeisterschaft traf Firouzja auf Carlsen und es kam zu einer ungewöhnlichen Situation: Firouzja spielte mit drei Bauern gegen einen Läufer als ihm die Bedenkzeit ausging. In einer Online-Partie hätte dies zu einem Remis geführt, aber laut den FIDE-Regeln ist eine Partie verloren, wenn ein Spieler keine Zeit mehr hat und die theoretische Möglichkeit auf ein Schachmatt besteht - und rein theoretisch hätte sich Firouzja noch zwischen seinen eigenen Bauern Schachmatt setzen lassen können...

In dieser umstrittenen Blitzpartie hatte Firouzja den Weltmeister eindeutig überspielt und hatte sogar einige Siegchancen ausgelassen:

2020

Nach seinem Paukenschlag Ende 2019 spielte Firouzja Anfang 2020 beim traditionsreichen Tata Steel Turnier gegen insgesamt 14 Weltklasse-Spieler. Darunter waren Fabiano Caruana, Wesley So, Viswanathan AnandAnish Giri, Jorden Van Foreest, Jan-Krzysztof Duda, Artemiev, Jeffery Xiong, Vladislav Kovalev, Yu YangiNikita Vitiugov und Dubov). Firouzja kam mit 2.5/3 hervorragend aus den Startlöchern, verlor aber dann in der vierten Runde gegen Wesley So. Er ließ sich von dieser Niederlage aber nicht aus dem Konzept bringen und gewann seine Partien in Runde 5 gegen Giri und Runde 7 gegen Xiong.

Firouzja in 2020
Firouzja beim Tata Steel Turnier 2020. Foto: Alina L'Ami/Tata Steel Chess.

Bei Firouzjas Sieg über Giri in Runde fünf erreichte die Partie nach einer sehr interessanten Eröffnung ein Turmendspiel. Im 40. Zug beschloss Giri, Firouzjas e-Bauern zu schlagen und dafür einen seiner beiden Bauern auf der h-Linie zu geben, was aber auch mit einem anschließenden Turmtausch verbunden war. Im daraus resultierenden Bauernendspiel verrechnet sich Giri und spielt 44...Kf6? statt 44...Kd6 und Firouzja brachte den vollen Punkt nach Hause!

Mit fünf Punkten nach sieben Runden gab Firouzja das Tempo vor. Nach einem Remis gegen Van Forest in Runde acht waren die Augen der Schachwelt ganz auf die Begegnung zwischen Firouzja und Carlsen in Runde neun gerichtet. Die Partie lief für Firouzja nicht so gut wie die vorherige Begegnung, und das Ergebnis war das gleiche – Carlsen gewann.

Die Niederlage gegen Carlsen war die erste von drei Niederlagen in Folge, da Firouzja anschließend gegen den späteren Sieger Caruana und den ehemaligen Weltmeister Anand verlor. Gegen Vitiugov und Dubov erzielte er in seinen letzten beiden Partien noch zwei Remis und erzielte damit mit 6,5/13 ein mehr als respektables Ergebnis: Ein geteilter sechster Platz.

Im Februar 2020 trat Firouzja als Last-Minute-Ersatz für Wei Yi, der aufgrund des Coronavirus nicht anreisen konnte, beim Master Turnier des Prager Schachfestivals an. Er spielte dort eine Reihe spannender Partien, beendete das Turnier in einer Gruppe von Spieler die mit 5/9 gleichauf lagen und besiegte GM Vidit Gujrathi in einem Blitz-Playoff um den Turniersieg. Das war sein erster großer Turniersieg und möglicherweise der erste von vielen.

Im April 2020 besiegte Firouzja Carlsen mit 8,5-7,5 im Finale des Banter Blitz Cups, einem mit $14.000 dotierten Online-KO-Turnier, an dem 128 Spieler teilgenommen hatten. Einen Monat später gewann er auf Chess.com ein Blitzturnier unter sechs Supergroßmeistern: Das Chessbrah Invitational. Dort besiegte er Giri in einem Best-of-10-Finale.

Im Oktober 2020 belegte Firouzja hinter Carlsen den zweiten Platz beim Norway Chess Turnier. Dabei verlor er im gesamten Turnier nur eine einzige Partie - die gegen Carlsen. Drei Monate später, im Jänner 2021, erreichte er beim Tata Steel Turnier in Wijk aan Zee den geteilten dritten Platz.

2021 bis heute

Und auch Anfang 2021 bewies Firouzja weiterhin sein immenses Talent. Im März gewann der iranische Supergroßmeister die Bullet Chess Championship 2021, indem er Artemiev, den Turnierfavoriten Nakamura und im Finale Andrew Tang besiegte –  und das direkt nach dem Gewinn von zwei aufeinanderfolgenden Titled Tuesday Turnieren.

Alireza Firouzja
Firouzja gewann die Bullet Chess Championship 2021.

Seine Fortschritte setzten sich im Oktober und November mit einem Sieg beim Riga Grand Swiss fort. Firouzjas glatter Sieg mit einer Wertung von 8/11 brachte ihm einen Platz im Kandidatenturnier 2022 ein. Nur Carlsen und GM Bobby Fischer haben in einem jüngeren Alter an einem Kandidatenturnier teilgenommen - das ist ein toller Erfolg. Sein Ergebnis von 8/9 bei der Mannschafts-Europameisterschaft direkt nach dem Grand Swiss brachte sein FIDE-Rating auf 2804, womit er der jüngste Spieler ist, der jemals die 2800er-Marke geknackt hat.

Im Jahr 2022 beeindruckte Firouzja weiter, als er die Grand Chess Tour gewann. Er gewann beide Turniere der Tour in Saint Louis im August und September, das Schnellschach & Blitz und den Sinquefield Cup. Der Sieg des Jungstars im Schnellschach & Blitz war besonders überzeugend, da er 22 Partien lang ungeschlagen blieb und 107 Ratingpunkte gewann, womit er die 2900 FIDE-Blitz-Ratinggrenze durchbrach. Anschließend gewann Firouzja den ebenso starken Sinquefield Cup in den Tiebreaks, holte damit die meisten Tourpunkte und gewann die Grand Chess Tour.

Firouzja qualifizierte sich zum zweiten Mal in Folge für das Kandidatenturnier 2024 und erhielt im Januar 2024 die höchste Wertung unter den Spieler:innen, die sich nicht bereits qualifiziert oder die Teilnahme abgelehnt hatten.

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