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Blübaum und Donchenko schaffen es beim Weltcup in die dritte Runde
Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Blübaum und Donchenko schaffen es beim Weltcup in die dritte Runde

Merlin2017
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Jede Runde des FIDE Weltcups 2023 zieht sich über drei Tage. An den ersten beiden Tagen spielen die Kontrahenten jeweils eine klassische Partie und wenn es nach diesen beiden Partien 1:1 Unentschieden steht, entscheidet ein Stichkampf am dritten Tag über das Weiterkommen. Genau diese Stichkämpfe der zweiten Runde waren heute zu absolvieren und es waren eine Schweizerin, zwei Österreicher und sechs Deutsche involviert!

Die deutschsprachige Armada erlitt aber trotz spannender Partien und vielen Duellen auf Augenhöhe schwere Verluste und nur Alexandra Kosteniuk bei den Damen und Matthias Blübaum und Alexander Donchenko bei den Herren konnten Vincent Keymer, Rasmus Svane und Elisabeth Pähtz in die dritte Runde folgen.

Diese dritte Runde des FIDE Weltcups 2023 beginnt morgen, am Samstag, dem 5. August, um 13:00 Uhr.

So könnt Ihr zusehen:

Wir übertragen alle Runden über die deutschsprachigen Chess24-Kanäle auf Twitch und Youtube, mit fachmännischen Kommentaren verschiedener deutscher Schachlegenden.

Alle Partien des gesamten Turniers findet Ihr auf unseren Eventseiten für das Open und die Damen. Hier seht Ihr die Aufzeichnung der Übertragung vom Freitag:
Kommentator: GM Ilja Zaragatski

Das Format dieser Stichkämpfe hört sich kompliziert an, ist aber eigentlich ganz einfach. Die Spieler spielen zuerst 2 Partien mit einer Bedenkzeit von 25+10 und sollte dann noch keine Entscheidung gefallen sein, geht es so weiter:

Hier ist eine Übersicht der Duelle, die für die deutschsprachigen Leser am interessantesten sind:

Alexandra Kosteniuk - Yan Tianqi

Matthias Blübaum - David Paravyan

Alexander Donchenko - Mateusz Bartel

Frederik Svane - Ivan Cheparinov

Niclas Huschenbeth - David Navara

Dmitrij Kollars - Ruslan Ponomariov

Valentin Dragnev - Maxime Vachier-Lagrave

Markus Ragger - Javokhir Sindarov

Georg Meier - Jaime Santos Latasa

Kommen wir also zum Geschehen.

Alexandra Kosteniuk - Yan Tianqi 1.5:0.5

Die erste Partie im Schnellschach hatte erstaunliche Ähnlichkeiten mit der ersten klassischen Partie zwischen den beiden. Wieder versuchte die Chinesin ihr Glück mit der französischen Verteidigung. Wieder strandete ihr König im Zentrum. Wieder startete Kosteniuk einen furiosen Angriff und wieder brach sie ihn ab, um auf Nummer Sicher zu gehen und die Partie in ein gewonnenes Endspiel zu lenken.

Alles in allem eine Klasse Partie der Schweizerin:

Auch in der zweiten Partie wiederholten die beiden die Spanische Eröffnung aus der klassichen Partie, aber heute entschied sich Kosteniuk gegen den Marshall-Angriff und versuchte ihr Glück mit einer ruhigeren Spielweise. Nachdem sie dann zwischenzeitlich in eine ziemlich passive Stellung geraten war, konnte sie durch aktives Gegenspiel all ihre Probleme lösen und letztendlich das nötige Remis zum Einzug in die dritte Runde erzwingen.

Alexandra Kosteniuk. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Matthias Blübaum - David Paravyan 1.5:0.5

In der ersten Partie überraschte Matthias Blübaum seinen Gegner mit dem Jobava-London. Obwohl Schwarz in dieser Eröffnung zwar im Prinzip nach 3 Zügen ausgeglichen hat, führt sie meist zu sehr scharfen Stellungen, in denen dann einfach Schach gespielt wird. Schach wurde dann auch gespielt und das tat Matthias deutlich besser als sein Gegner.

Die zweite Partie hielt Matthias dann mit seiner Caro-Kann Verteidigung problemlos Remis und qualifizierte sich damit für die dritte Runde. Sein Vorteil auf der Uhr am Ende der Partie war beeindruckend:


Matthias Blübaum. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

 

Alexander Donchenko - Mateusz Bartel 4:3

Alex Donchenko erspielte sich in der ersten Partie aus einem abgelehnten Damengambit heraus zuerst eine angenehme Stellung und startete dann mit seinen beiden Läufern und seiner Dame einen Angriff auf den schwarzen König, gegen den kein Kraut gewachsen war:

Der polnische Großmeister konnte sich für die Niederlage aber revanchieren und damit ging das Duell in die nächste Runde.

Hier legte Donchenko erneut mit Weiß vor. Diesmal wählte er die Englische Eröffnung und erspielte sich damit eine ähnlich gute Stellung wie in der ersten Partie. Als er eine großartige Taktik fand, mit der er die schwarze Dame für Turm und Leichtfigur gewann und ganz nebenbei noch den schwarzen Königsflügel ramponierte, war die Partie in Prinzip entschieden:

Bartel konnte aber dann wieder mit Weiß gewinnen und somit ging der Tiebreak in die dritte Runde.

Jetzt durfte der Pole zuerst mit Weiß spielen und er überwand zum zweiten Mal in Folge die Sizilianische Verteidigung von Donchenko und somit war es erstmals der Deutsche, der mit dem Rücken zur Wand stand und unbedingt gewinnen musste.

Donchenko löste die Aufgabe aber mit Bravour. Er setzte erneut auf die Englische Eröffnung und behielt in einer komplizierten Stellung, die voller taktischer Möglichkeiten steckte, den besseren Überblick und als sich der Pulverdampf verzogen hatte, hatte Donchenko ein Läuferendspiel mit zwei Mehrbauern auf dem Brett, das der Großmeister aus Warschau ohne großen Kampf verloren gab.

Jetzt stand der "Sudden Death" auf dem Programm! Das bedeutet, es werden einfach so lange Blitzpartien mit einer Bedenkzeit von 3+2 gespielt, bis einer eine Partie gewinnt.

Zuerst wurde die Farbe ausgelost und Alex durfte mit den weißen Figuren beginnen! Angesichts der Tatsache, dass alle 6 bisherigen Partien mit Weiß gewonnen wurden, war das natürlich ein riesiger Vorteil.

Donchenko begann die Partie wieder mit 1.c4, aber Bartel lenkte die Partie in ein abgelehntes Damengambit, das wir ja schon in der allerersten Partie zwischen den beiden zu sehen bekommen haben. Im 20. Zug gewann er einen Bauern, im 30. Zug einen zweiten, im 45. Zug einen dritten und im 61. Zug hieß es dann Game, Set and Match für Donchenko.

The Big Greek hat sich diese Partie ganz genau angesehen und für uns analysiert:

Durch diesen Sieg steht der Hamburger als vierter deutscher Spieler in der dritten Runde.

Alex Donchenko. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Frederik Svane - Ivan Cheparinov 0.5:1.5

Nachdem er sich mit Schwarz ein Remis erkämpft hatte, fand sich Frederik Svane mit fast keiner Bedenkzeit in einem sehr schwierigen Damenendspiel, bei dem er gleich zwei schwache Bauern zu verteidigen hatte, wieder:

Weiß hat zwei sehr schwache Bauern. Die schwachen Bauern von Schwarz sind sehr schwer anzugreifen.

Cheparinov gelang es, einen der Bauern zu gewinnen, danach einen Damentausch zu forcieren und schon war das Turnier für Frederik vorbei.

Niclas Huschenbeth - David Navara 1:3

Wäre die Schnellschachpartie von Huschenbeth gegen Navara eine klassische Partie gewesen, wäre sie wohl Remis geendet. In Zeitnot unterlief dann Niclas ein riesiger Patzer, der die Partie mit ziemlicher Sicherheit verloren hätte. Navarra übersah jedoch die Gelegenheit und revanchierte sich wenige Züge selbst mit einem Patzer, der ihm 2 Bauern und damit die Partie kostete:

Danach lief für den beliebten deutschen Streamer aber gar nichts mehr zusammen. Er verlor die zweite Partie mit Schwarz und im anschließenden Stechen mit einer Bedenkzeit von 10+10 war Navarra einfach der bessere Spieler, gewann beide Partien und zog letztendlich verdient in die dritte Runde ein.

Dmitrij Kollars - Ruslan Ponomariov 2:4

Der vierte deutsche Spieler, der in der Auftaktpartie mit Weiß spielen durfte, war Dmitrij Kollars und der Bremer machte den vierten Sieg für die deutsche Riege perfekt! Aus einer ausgeglichenen Stellung heraus wickelte er in ein Turmendspiel ab, indem er Anfangs "nur" den aktivieren Turm hatte. Wenige Züge später hatte er dann aber eine Kombination aus aktiverem Turm UND aktiveren König und das war für den FIDE Weltmeister von 2002 zu viel des Guten.

Anscheinend sind also doch nicht alle Turmendspiele Remis:

Danach revanchierte sich Ponomariov und gewann die zweite Partie und nach 2 Remis in den 10+10 Partie musste dann die Entscheidung im Blitzschach mit einer Bedenkzeit von 5+3 fallen.

Obwohl Kollars als sehr starker Blitzer gilt, hatte er aber im Blitzschach gegen Ponomariov eigentlich überhaupt keine Chance und verlor beide Partien.

Valentin Dragnev - Maxime Vachier-Lagrave 0.5:1.5

Nachdem Valentin Dragnev zum Auftakt des Tages bereits das dritte Remis in Serie gegen Maxime Vachier-Lagrave erzielt hatte, übersah er in der zweiten Partie einen Zwischenzug, der ihm eine Qualität kostete. Diesen Verlust konnte er dann nie kompensieren und somit war das Duell gegen den Blitz-Weltmeister von 2021 entschieden.

Mit dem Erreichen der zweiten Runde und 2 Remis in klassischen Partien gegen "MVL" hat der junge Wiener aber eine achtbare Leistung erbracht.

Valentin Dragnev (links) und Maxime Vachier-Lagrave. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Markus Ragger - Javokhir Sindarov 0.5:1.5

In der ersten Partie opferte Sindarov einen Turm für einen Läufer und 2 Bauern. Als sich Ragger dann entschied, einen dritten Bauern zu geben, um seine Figuren in die Partie zu bringen, war es des Guten zu viel. Sindarov tauschte die restlichen Figuren und gewann ein hochinteressantes Endspiel mit Springer und sechs Bauern gegen Turm und drei Bauern.

Leider wurde Ragger von den weißen Bauern überrollt.

In der zweiten Partie versuchte Ragger den jungen Usbeken mit einem ungestümen Vormarsch von "Harry dem h-Bauern" aus der Ruhe zu bringen. Sindarov reagierte darauf mit einem Gegenspiel im Zentrum und bald darauf fand sich Ragger in einer Stellung wieder, in der es einfach kein Vorwärtskommen mehr gab und er sah sich gezwungen, das Remisangebot seines Gegners anzunehmen. Damit findet der restliche Weltcup 2023 ohne österreichische Beteiligung statt.

Markus Ragger (rechts). Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Georg Meier - Jaime Santos Latasa 0.5:1.5

Georg Meier geriet in der ersten Partie mit Schwarz mit der französischen Verteidigung in eine furchtbare Stellung. Er schaffte es zwar noch, sich in ein ungleichfarbiges Läuferendspiel mit 2 Minusbauern zu retten, aber leider war auch das verloren.

In der zweiten Partie erspielte er sich mit Weiß zwar eine vorteilhafte Stellung, aber sein spanischer Gegner wehrte all seine Angriffsversuche ab und Georg kam über ein Remis nicht hinaus.

Damit ist der Wahl-Uruguayer leider ausgeschieden.

Georg Meier. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Damit kommt es in der dritten Runde, die morgen um 13:00 Uhr beginnt, zu folgenden Duellen (Auswahl):

Vincent Keymer (Ger) - Amin Tatatabei (Iran)

Rasmus Svane (Ger) - Tin Jingyao (Sgp)

Matthias Blübaum (Ger) - Vidit Gujrathi (Ind)

Alexander Donchenko (Ger) - Parham Maghsoodloo (Ira)

Magnus Carlsen (Nor) - Aryan Tari (Nor)

Hikaru Nakamura (Usa) - Benjamin Gledura (Hun)

und bei den Damen:

Alexandra Kosteniuk (Sui) - Teodora Injac (Srb)

Ju Wenjun (Chn) - Ulviyya Fataliyeva (Aze)

Zhu Jiner (Chn) - Yuliia Osmak (Ukr)

Alexandra Goryachkina - Divya Deshmukh (Ind)

Vaishali R (Ind) - Mariya Muzychuk (Ukr)


 

Der FIDE Weltcup 2023 ist ein K.-o.-Turnier im Matchformat. Jedes Match besteht aus zwei klassischen Partien und sollte es danach Unentschieden stehen, entscheidet ein Schnellschach-Tiebreak über das Weiterkommen. Der Damen-Weltcup läuft bis zum 21. August und das Open bis zum 24. August. Insgesamt gibt es in Baku 2.5 Millionen US-Dollar zu gewinnen.


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