Firouzja gewinnt das Saint Louis Rapid & Blitz Turnier
Das Saint Louis Rapid & Blitz Turnier 2022 ging am Dienstag mit einem historischen Sieg von Alireza Firouzja zu Ende. Der Blitz-Superstar sammelte 26 von 36 möglichen Punkten und blieb dabei in 22 Partien in Serie ungeschlagen. Dieser Erfolg ließ auch seine Blitz-Elo um 107 Punkte und damit auf über 2900 in die Höhe schnellen.
Diese Leistung war aber auch nötig, um Hikaru Nakamura, der im Blitz eine gigantische Aufholjagd gestartet und sich letztendlich vom letzten Platz nach dem Schnellschach auf den zweiten Platz in der Gesamtwertung verbessert hatte, auf Distanz zu halten.
Den dritten Platz in der Gesamtwertung teilen sich Fabiano Caruana und Maxime Vachier-Lagrave mit jeweils 19 Punkten.
Wollt Ihr Euch die Partien des Saint Louis Rapid & Blitzturniers nochmal ansehen?
Alle Partien des Turniers findet Ihr hier auf unserer Live Events Plattform.
Nakamura startete mit einem Sieg über Caruana mit Schwarz in den letzten Tag. Der Streamer war der einzige Gewinner in Runde 10 des Blitzturniers und schaffte es, eine schlechte Bauernstruktur, die sich aus dem englischen Vierspringerspiel ergeben hatte, auszunutzen. Caruana fand zwar defensive Ressourcen und konnte die Stellung wieder in den Bereich eines Remis bringen, beging aber im 71. Zug unter Zeitdruck den entscheidenden Fehler.
Firouzja und Ian Nepomniachtchi spielten ein relativ ereignisloses Remis und der Rest des Feldes tat es den beiden gleich und teilte ebenfalls die Punkte. Levon Aronian hatte dabei aber etwas Glück, dass sein Springer die beiden Bauern von Jeffery Xiong aufhalten konnte.
In Runde 11 kehrte Firouzja mit einer starken Taktik gegen Xiong zu dem kaltblütigen Schach zurück, das er während des gesamten Turniers konstant gezeigt hatte. In einem symmetrischen Englisch hoffte Xiong wahrscheinlich auf eine ruhigere Partie gegen den fulminanten Firouzja, wurde aber von einem Schuss nach dem anderen getroffen, der dem im Iran geborenen französischen GM schnell einen Vorteil von drei Bauern verschaffte.
GM @AlirezaFirouzja leads the #STLRapidBlitz by four points.
— ChesscomLive (@ChesscomLive) August 30, 2022
All the tactics worked out in his crushing win over GM Jeffery Xiong, where he played 20.Bxd6 and all the tactics fell into place. 🔥 pic.twitter.com/oixoVMOdmu
Die 11. Runde war auch wichtig für die Tabelle, weil gleich die beiden engsten Verfolger von Firouzja, Nakamura und Vachier-Lagrave, ihre Partien verloren. Damit hatte Firouzja seinen Vorsprung auf vier Punkte ausgebaut! Nakamura hätte gegen Aronian in einem Damenendspiel fast remis gespielt, aber nach einem Fehler im 58. Zug konnte sich Aronian eine zweite Dame sichern.
Vachier-Lagrave wurde von Caruana mit einem schurkischen Freibauern bestraft. Nachdem aus einer russischen Verteidigung eine französische Austauschvariante wurde, war die Stellung ausgeglichen und Vachier-Lagrave schien alles unter Kontrolle zu haben. Dann aber erlaubte er Caruana, einen Freibauern zu bilden und diesen über den Point of no Return hinaus zu drängen.
Nepomniachtchi erzielte gegen Samuel Shankland ebenfalls einen vollen Punkt. Der Amerikaner war mutig genug und wollte das Wissen des WM-Herausforderers über die Kehrseite des Katalanen testen. Im 24. Zug hatte Nepomniachtchi immer noch zwei Minuten und 30 Sekunden auf der Uhr, während Shankland unter 20 Sekunden gefallen war. Dieses Defizit führte schließlich zu Shanklands Untergang.
In der 12. Runde stand zweifelsohne das Duell zwischen dem Erstplatzierten Firouzja und Nakamura im Mittelpunkt. Letzterer spielte mit Weiß und wusste, dass er den Tabellenführer nur mit einem Sieg noch abfangen kann, lief aber in eine umfassende Vorbereitung, die ihm keine Chance ließ. Im 20. Zug stand Firouzja sogar etwas besser und Nakamura fühlte sich gezwungen, die Stellung mit 21.f4? aufzupeppen. Der Versuch erwies sich als Eigentor.
Die Fans, die auf ein spannendes Finish gehofft hatten, konnten sich damit trösten, dass wenigstens Vachier-Lagrave gegen Leinier Dominguez gewonnen hatte. Gegen den in Havanna geborenen Dominguez wählte der Franzose das Caro-Kann und damit die Lieblingseröffnung eines anderen Spielers, der in derselben Stadt geboren wurde: Jose Raul Capablanca.
In der 13. Runde unterliefen gleich mehreren Spielern unerklärliche Fehler. Am bemerkenswertesten war Aronians Figureneinsteller gegen Firouzja. Aronian hatte im 16. Zug bereits seinen Läufer auf d7 berührt und erst dann wurde ihm klar, dass jeder Zug mit dieser Figur seinen Springer auf c6 en prise zurücklassen würde.
In der Zwischenzeit hatte Dominguez gegen Caruana einen fast identischen Zug mit noch schlimmeren Folgen gespielt. In einer etwas besseren Stellung berührte Dominguez seinen Läufer auf d2 und war gezwungen, ihn zu ziehen, wodurch seine Dame reif zum Pflücken war!
Auch Shakhriyar Mamedyarov schloss sich der Party an und stelle einen ganzen Läufer ein, indem er ihn g5 ohne Kompensation opferte. Nakamuras Sieg über Shankland mit den schwarzen Steinen war der einzige Sieg der Runde, der Finesse erforderte.
In der 14. Runde konnte Firouzja gegen Caruana und damit auch das Turnier vier Runden vor Schluss gewinnen. Der einzig andere Sieger der Runde war Dominguez, aber das hatte nur wenig Einfluss auf die Gesamtwertung.
Nachdem der Kampf um den ersten Platz entschieden war, kämpften noch Vachier-Lagrave, Nakamura, Nepomniachtchi und Xiong um den zweiten Platz und Vachier-Lagrave und Nakamura mussten gleich in der nächsten Runde gegeneinander antreten.
Der Franzose ging die Partie vorsichtig an und entschied sich gegen Nakamuras Moderne Verteidigung für einen soliden Aufbau. Dann aber erlaubte Vachier-Lagrave Nakamura im Zentrum durchbrechen und geriet in eine hoffnungslose Stellung. Die Partie wurde dann durch einen ziemlich coolen Abzug entschieden.
In der 24. Runde erzielte Firouzja gegen Shankland seinen fünften Sieg in Folge, während Dominguez und Mamedyarov darum kämpften, das Tabellenende zu verlassen und ebenfalls gewannen.
Die folgende Runde fühlte sich wie eine Wiederholung der vorherigen an. Nakamura zeigte Dominguez, dass nicht alle Turmendspiele Remis sind und Firouzja ließ Mamedyarov nicht einmal bis ins Endspiel kommen.
Auch Caruana schlich sich am letzten Tag mit drei Siegen in Folge heimlich, still und leise in der Tabelle nach oben. Nakamura gewann ebenfalls die letzten drei Runden und Firouzja hätte um ein Haar an der Hattrick-Party teilgenommen, musste sich nach sechs Siegen in Folge gegen Vachier-Lagrave mit einem Remis zufriedengeben. Mit fünf Punkten Vorsprung war Firouzja aber trotzdem der mit Abstand beste Spieler in St. Louis.
Seine letzte Partie gegen Dominguez konnte Firouzja aber dann wieder gewinnen.
Nach neun Runden Schnellschach und 18 Runden Blitz war es für Schachfans auf der ganzen Welt ein Genuss, in Firouzja einen ungeschlagenen Champion in Saint Louis zu haben. Nakamura spielte sich auf den zweiten Platz und Caruana komplettierte das Podium. Den Kampf um Platz eins der Blitz-Weltrangliste hat aber Nakamura gewonnen. Am Ende lag er sechs Punkte vor Firouzja, obwohl ihn der Franko-Iraner zwischenzeitlich schon überholt hatte.
Update: @GMHikaru finished the #STLRapidBlitz back as the world number one in blitz. Both he and Firouzja broke 2900 during the event💪. https://t.co/BlMfnc9vEP pic.twitter.com/uqQipbbcvA
— ChesscomLive (@ChesscomLive) August 30, 2022
Firouzja gewann $40.000 Preisgeld, Nakamura $30.000 und Caruana und Vachier-Lagrave wurden für ihre Mühen mit jeweils $22.500 entlohnt.
Alle Partien des letzten Tages
Abschlusstabelle
# | Land | Spieler | Elo | Schnellschach | Blitz | Gesamt |
1 | Alireza Firouzja | 2778 | 11 | 15 | 26 | |
2 | Hikaru Nakamura | 2690 | 7 | 14 | 21 | |
3 | Fabiano Caruana | 2754 | 8 | 11 | 19 | |
4 | Maxime Vachier-Lagrave | 2757 | 11 | 8 | 19 | |
5 | Ian Nepomniachtchi | 2720 | 9 | 9 | 18 | |
6 | Levon Aronian | 2792 | 8 | 9 | 17 | |
7 | Jeffery Xiong | 2776 | 9 | 8 | 17 | |
8 | Shakhriyar Mamedyarov | 2775 | 9 | 8 | 17 | |
9 | Sam Shankland | 2768 | 10 | 3.5 | 13.5 | |
10 | Leinier Dominguez | 2758 | 8 | 3.5 | 12.5 |
Das Saint Louis Rapid & Blitz 2022 war die vierte Etappe der Grand Chess Tour 2022 und das letzte der Schnellschach-Events. Die Bedenkzeit im Schnellschach betrug 25+10 und im Blitz 5+2. Das Turnier war mit $175.000 dotiert.
Weitere Berichte (alle auf Englisch):